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Paolo

  • 25 .Jan .2012
Lieber Paolo,
 
ich kann nicht fassen, dass Du tot bist. Nie im Leben habe ich damit gerechnet, dass es Dich treffen würde.
Ich war ganz bezaubert von Dir, als ich Dich im Mai 2012  zum ersten Mal in der Garage  sah.
Wie konnte so ein großer und wunderschöner Hund nur hier hin geraten?
 
Du warst in der Gruppe, die mich im Gesamten so sehr berührten, weil ihr Euch gegenseitig so Halt gegeben habt. Umso näher wir Menschen kamen, umso mehr seid ihr ineinander gekrochen, um Euch gegenseitig Halt und Trost zu geben. Aber keiner hat seinen Platz verlassen. Man sagte mir, Du seist scheu und niemand könne Dich anfassen.
Ich habe mit Dir Kontakt aufgenommen und Du hast Deinen Platz nicht verlassen, auch nicht als ich näher kam und ja, ich habe Dich kurz und vorsichtig gestreichelt und ich habe Dir versprochen, dafür zu sorgen, dass Du auch nach Deutschland kommen kannst. Ich war sicher, Du würdet Deine Chance ergreifen und ein toller Hund werden - Gott was für Augen und was für ein sanftes Seelchen.
 
Wir haben überlegt, wie wir Euch als ganze Gruppe da raus holen könnten, doch einmal mit dem Auto fahren? Niemand traute sich zu, Dich da raus zu holen?
Theresa musste erst zurück aus dem Urlaub sein, sie würde es schaffen, wurde mir gesagt.
Und so gingen die Monate dahin.
Schlussendlich schafften wir bisher nur, aus Eurer Gruppe Sofia und Sabrina zu retten und es gab ständig neue Hindernisse.
Im September hat man Euch zurück gebracht ins Tierheim und ich habe Dich gesehen, hinter einem Zaun mit viel zu vielen Hunden, in einem viel zu kleinen Bereich.  
Quinzinho war noch bei Dir und ich sagte Dir wieder, bitte gib nicht auf, wir arbeiten an einer Lösung. Ich weiß nicht warum ich dachte, dass einen großen wuscheligen, sanften Hund wie Dir nichts passieren würde, bis ich einen Pflegeplatz und eine Möglichkeit für Dich gefunden hätte.
 
Ana erzählte mal beiläufig, dass man Dich gebissen hatte und ich bin leider nicht sofort hellhörig geworden und habe zugesagt, Dich zu separieren für den nächsten Flug. Ich war dran, ganz sicher, ich hatte ne Option für eine Pflegestelle und auch Cindy hatte bereits ihr o.k. für Dich gegeben.
Aber immer wieder blieb die gleiche Frage unbeantwortet, wie sollten wir Dich in eine Box bekommen und am Flughafen wieder raus, ohne dass Du Panik bekommen würdest?
Wir überlegten noch, jemand zweiten, erfahrenen mitzunehmen, damit wir zu zweit waren und einer sich nur mit Dir beschäftigen konnte. Wir dachten zum ersten Mal bewusst an den Einsatz von Beruhigungsmitteln nach, mussten dafür aber vorher einen MDR1-Test machen, denn als Hütehund warst Du ja u. U. besonders empfindlich für solche Medikamente. 
Wieder die Frage, wie sollte das gehen, wie bekam man das Blut abgenommen und nach D geschickt ?
 
Und dann erfuhr ich im Januar wieder beiläufig, in einem Nebensatz von Ana, dass für Dich am 21.12.2012 Dein persönlicher Weltuntergang war.
In der Enge des Tierheimes haben Dich die anderen Hunde regelrecht zerfetzt, Du hattest nicht die geringste Chance und niemand war da, um Dir zu helfen.
 
Paolo, es tut mir so unendlich leid, dass wir für Dich zu lange überlegt haben und es uns nicht nur nicht geglückt ist, Dir zu zeigen, dass auch Menschen Freunde sein können, sondern auch dass, was für Dich bisher am verlässlichsten war, Deine Hundekumpels plötzlich zu Deinen Feinden wurden. Niemand hat einen so grausamen Tod verdient, aber nach so langen tapfer durchgehaltenen Jahren in der Garage, dann ein solches Ende zu finden, macht das ganze regelrecht absurd.
Es fällt mir immer noch schwer zu akzeptieren, dass es manchmal nicht wirklich gestattet ist zu helfen, wo wir helfen wollen. Und auch darüber denke ich nach, dass vielleicht Deine Hundekumpels Dich doch auch nur erlöst haben könnten?
Es macht nicht wirklich Sinn, aber muss alles für uns einen Sinn ergeben? Und weiß ich schon, was für ein Schicksal für Dich wirklich vorgesehen war?
Aber eines möchte ich Dir gerne versprechen Paolo, wenn ich wieder mal müde werde, von all den Hindernissen, die einem in den Weg gelegt werden, um Hunden wie Dir eine Zukunft zu ermöglichen; werde ich mir Eurer Gruppenbild in Erinnerung rufen und Eure unausgesprochene Botschaft "Gemeinschaft ist stark" und ich werde mir bewusst machen, dass die falsche Gemeinschaft auch alles zerstören kann und dass es manchmal höhere Ziele gibt, als die, die ich vor meinen Augen habe.
Und ich verspreche Dir, ich werde weiterhin alles tun, was in meiner Macht steht, um möglichst vielen von Euch eine bessere Zukunft zu ermöglichen und um zu verhindern, dass Dinge wie sie jetzt mit Dir passiert sind, sich nicht wiederholen müssen.
Und ich möchte Dir sagen, dass Du Freunde hattest und einige Menschen traurig sind, über Deinen grausamen Tod und Du viele mit Deiner sanften ruhigen Ausstrahlung sehr berührt hast.
 
Paolo,  Dankeschön für diese kurze und intensive Berührung und ich wünsche Dir von Herzen, dass nun alle Deine geheimsten Wünsche und Träume gehört und erhört werden und Du nun endlich frei und glücklich bist.