Vor einer Weile schickte mir Ana wieder mal ein paar Bilder von Hunden aus der Tötung und da ich ja ein großes Herz für alte Hunde habe, erregten diese Bilder meine Aufmerksamkeit.
Ihre Besitzer hatten die ca 10 jährige Nelly (damals noch Alice) zum Töten abgegeben mit einem offenen Mamma- Ca. Nun sollte man meinen, man hätte den armen Hund mit den sicherlich unerträglichen Schmerzen erlöst- aber nein, man hatte sie operiert und nun lag sie da mit Trichter und sicherlich weiterhin großen Schmerzen, da in ihrem Korb und wartete auf die Dinge, die da kommen sollten???? Nur was sollte denn da kommen? Niemand würde diesen alten kleinen Hund nehmen und wenn es ihr besser ging, verschwand sie ganz sicherlich wie die vielen anderen alten Hunde im inneren Bereich ohne Tageslicht und zählte dann zu den Vergessenen, die bis zu ihrem ungewissen Ende vor sich hinvegetieren durften.
Also haben wir uns entschieden, sie nach Deutschland zu holen und sie sollte zu mir in Pflege kommen- konnte ja nicht sein, dass all ihr Leid umsonst gewesen sein sollte.
Ana schickte mir dann als nächstes diese Bilder:
Zu Nelly hatte man nun auch noch das entsorgte Ömchen "Cherry" gesetzt. Sie wurde mit ca. 18 Jahren entsorgt, mit einer 1 Kilo schweren Hernie!!! und ebenfalls einem Mamma-CA.
Ana wollte zuerst Cherry retten, weil älter und weil sie annahm, Nelly hätte noch mindestens 2 Jahre vor sich. Ich habe ihr gesagt, sie muss beide rausholen oder gar keinen. Es darf keiner alleine da zurück bleiben. Also hat sie beide rausgeholt und bei sich untergebracht im Hundehaus- nicht optimal, aber deutlich besser als das, was sie bisher hatten. Also sollte zuerst Cherry am 30.07. mitkommen und für Nelly wollte ich einen Platz suchen für September. Cherry konnte aber nicht fliegen, da sie einen schlimmen Magen-Darm-Virus hatte und so konnte doch wie ursprünglich geplant Nelly ausfliegen.
Im Nachhinein die absolut richtige Entscheidung und ich liebe es, wenn man sich auf das Leben verlassen kann.
Am Flughafen habe ich dann eine völlig empört bellende Nelly in ihrer Transporttasche in Empfang genommen, aus der ich sie natürlich sofort befreit habe.
Sie war ein absolut cooler Hund und hatte kein Problem mit gar nix. Andere Hunde haben sie gar nicht interessiert, sie wollte auch mit nichts und niemandem Ärger haben und hat lieber den Raum verlassen, bevor sie sich mit jemandem auseinandergesetzt hätte. Sie liebte es mit spazieren zu gehen und entweder schnüffelte sie ausgiebigst irgendwo, oder sie klebte einem am Bein oder man musste sie irgendwo wieder vom Acker pflücken, wohin sie urplötzlich hingesprintet ist und wieder einfädeln. Ihr war Ordnung und Struktur total wichtig und sie versuchte sich hier so schnell wie möglich in den Tagesablauf einzufügen und stand dann pünktlich, kleine Bocksprünge machend und sich im Kreis drehend in der Küche zur Futterzeit und unten im Flur, wenn es Zeit war, rauszugehen. Sie hat stets versucht, alles richtig zu machen und am besten schon bevor man was gesagt hat, das zu tun, was man wollte. Man musste ihr nur einmal sagen, dass man nicht mit ihr auf dem Schoß Autofahren möchte. Dann saß sie ab da artig neben einem auf dem Beifahrersitz. Sie verrichtete ihr Geschäft nur draußen oder auf den Fliesen, niemals auf dem Teppich- was ja auch mal erfreulich war. Sie wollte ihren Liegeplatz zugewiesen haben und nicht mit den anderen Hunden darum streiten müssen. So bekam sie hier im Büro ihren Platz und auch im Wohnzimmer auf der Couch ihre feste Deckenhochburg. Diese liebte sie besonders und lag da immer sehr gerne tief entspannt und schnarchend und alle ihre Plätze wurden von den anderen Hunden akzeptiert und nie besetzt, obwohl das alles auch bevorzugte Plätze der anderen Hunde waren. Sie war bis zum Schluss schreckhaft, wenn man sich ihr egal wie langsam mit der Hand näherte, liebte es aber sehr, gestreichelt zu werden und hat dann immer sofort geniessend die Augen geschlossen und zufrieden vor sich hingefiept. Sie kam auch abends immer über alle Decken hinweg gelaufen, um einem ein Gute -Nachtküßchen zu geben, bevor sie sich selbst auf ihre Decke zurückzog und zur Nachtruhe begab. Sie war selbstständig, mutig,in den meisten Situationen völlig unerschrocken und sehr intelligent, ein typisches Podengo-Öm eben.
Sie wollte nicht alleine sein und legte auch keinen Wert auf engen Kontakt mit anderen Hunden und sie war eine sehr geübte Mückenfängerin- absolut sehenswert, wie sie sich bis zum Schluß langsam von der Couch gleiten ließ, um sie sich dann blitzschnell und erfolgreich zu schnappen. Lustig war auch, als sie Uwe während des Essens so ganz selbstverständlich ein Stück von seiner Pizza abbiss. Und wenn sie etwas besonders leckeres zu fressen hatte, und sie liebte frisches Futter und rohes Fleisch, dann konnte sie auch mal knurren. Also alles in allem kam sie hier sofort an und genoss das neue Leben in vollen Zügen, so als wenn sie gewusst hätte, dass sie kaum noch Zeit hatte.
Wir dachten uns schon, dass sie nicht lange Zeit hatte, aber wir dachten, dass wir sie wenigstens noch mit in Urlaub hätten nehmen können und dass sie ein wenig mehr Zeit hätte. Ich hatte sie sogar kurzfristig in der Vermittlung (die Hoffnung stirbt zuletzt und ich dachte, vielleicht wäre es ja besser für sie, wenn sie ganz alleine wo wäre und alle Aufmerksamkeit für sich bekam) aber dann bekam sie zuerst massive Magen-Darmprobleme, die so gar nichts Gutes verhießen und es war uns schnell klar, dass es sich hier nicht um einen harmlosen Virus handelte. Der Bauch war hart und aufgebläht und dann kam noch Husten und Atemnot dazu. Nun ja, was hatte man erwartet, wenn man in ein offenes Mamma-CA reinoperierte, und das noch in den dortigen unhygienischen Bedingungen. Metastasen im Darm? Verwachsungen? Metastasen in der Lunge waren sicher- möglicherweise auch im Gehirn (würde ihre zeitweise Verwirrtheit erklären in ihrem Alter),und so begannnen wir uns auf einen baldigen Abschied einzustellen.
Trotz der vielen Arbeit, die wir gerade in den Urlaubsmonaten hier haben, haben wir uns arrangiert mit Nelly und ihrem nahendem Abschied und wie immer erwies sich Helga, unsere klassische Homöopathin, als zuverlässiger Partner in der Not (Danke Helga !) und so konnte Nelly am 23.08. um Punkt 12.00 Uhr nach einem sehr kurzen aber heftigen Todeskampf am wärmsten Tag des Jahres nach Hause gehen. Sie starb auf ihrer Lieblingsdecke auf ihrer heißgeliebten Couch mit meiner Unterstützung und einem offenen erstaunten Gesichtsausdruck und einem Lächeln.
Sie hat gekämpft um jeden Tag und um alles, was ihr kurzes Leben hier lebenswert gemacht hat. Noch eine Stunde, bevor sie starb, hat sie eine ganze Bockwurst in kleinen Stückchen gefressen ......... (ja, sie hat drauf bestanden)
Ich habe sie einäschern lassen und ich werde sie, wie versprochen, im September mitnehmen an die Ostsee und ihre sterblichen Überreste freigeben, irgendwann und irgendwo in diesem Urlaub.
Wir machen uns die Entscheidung niemals leicht, ob man einem alten und/oder kranken Hund die Belastung eines Fluges zumutet, aber wenn ich mir die Bilder von Nelly vorher und bei uns ansehe, weiß ich, wie sich Nelly entschieden hätte, wenn man sie gefragt hätte. Und auch wenn die Zeit wie immer viel zu kurz war, hat sie sie fast bis zum Schluss genossen und konnte nun in Frieden gehen. Ich denke, das ist nicht nichts, das ist sehr viel wert, und so mancher muss dazu sehr alt werden, um einmal die Liebe und Fürsorge zu bekommen, nach der er sich sein Leben lang sehnt.
Wir vermissen unsere Nelly auch nach nur drei Wochen sehr. Auch sie war ein ganz besonderes Hundeseelchen, dessen zarte und liebevolle Energie uns leider auch nur noch im Vorbeigehen mal noch so eben gestreift hat. Dafür aber mit einer Intensität wie es nur alte Hunde vermögen.
Wir finden ja, dass es nichts Beruhigenderes gibt als eine ruhige alte und besonnene Hundeseele bei sich aufzunehmen. Deswegen wird als nächstes Felice bei uns einziehen, ein ebenfalls sehr altes krankes und zusätzlich blindes Hündchen. Aber auch Cherry sucht noch einen Platz, wo sie ihren Frieden finden kann, um in Ruhe gehen zu können.