Bjiou und Veludo - die hilflosen Helfer

  • 30 .Jan .2016

Nur zwei Tage nach Veludo ist Bijou ihrem Bruder über die Regenbogenbrücke gefolgt.

Es ist gerade mal zwei Wochen her, da haben wir sie bewusst mit Olinda in eine andere Umgebung gebracht, damit sie mal etwas anderes sehen und neue Eindrücke bekamen und es war soooo schön zu sehen, wie sie erst zaghaft, aber dann immer mutiger ihre neue, kleine Welt erkundeten und sich zum ersten Mal mit Dingen beschäftigen, die hier für jeden Welpen zum Alltag gehören. Es war ein wundervoller sonniger Morgen im Garten von Olindas Freundin Ana und wir hatten alle miteinander so viel Spaß, sie auf ihren kleinen wackeligen Beinen zu begleiten, die zwei Gruppen Welpen. Die einen schon deutlich älter (Milka, Peanut und Sasha) und eben diese drei höchstens 8 Wochen alten Hundekinder (Bijou, Veludo und Maddy). Maddy zitterte wie Espenlaub, die Kleinste und Zarteste, und wir wechselten uns ab, sie in ihrer Decke rumzutragen und zu wärmen, bis es warm genug und sie mutig genug war, es ihren Geschwistern gleich zu tun. Niemals hätten wir gedacht, dass es für die beiden der erste und letzte Ausflug sein könnte.

Die Geschichte ist so traurig: Man hatte sie alleine an einer Windmühle gefunden und Olinda hat sie sofort übernommen. Was war nur passiert mit der Mama? Hat sie sie da alleine bekommen und es ist ihr etwas zugestoßen und sie konnte nicht zurück zu ihren Babys? Haben die Besitzer die Mama behalten und nur die Babys ausgesetzt und ihrem Schicksal überlassen, einen langsamen, grausamen Tod durch Verhungern zu sterben? Wir wissen es nicht.

Sie freuten sich einfach nur über ihre Rettung, fraßen Olinda die Haare vom Kopf, waren munter und fröhlich und tobten mit den anderen bei Olinda durch die Wohnung. Spielten miteinander, machten Unsinn wie alle Welpen, und schliefen mit Olinda im Bett. Nichts, aber auch gar nichts deutete darauf hin, dass sie lediglich auf der Durchreise waren.

Wir gaben ihnen schöne Namen, freuten uns mit ihnen, dass sie es geschafft hatten und nun in eine glückliche Zukunft schauen durften und wir sicherlich schnell Familien für sie finden würden. Es war so eine friedliche Stimmung und nur allzu gerne haben wir für einen Moment verdrängt, dass das immer so eine Sache ist, Welpen durchzubekommen. Sie sind ohne ausgebildetes Immunsystem einfach extrem gefährdet, alles Mögliche zu bekommen und manchmal einfach zu schwach, um zu überleben.

Klar, mit Abstand sagt es sich leicht, wissen wir, und ist natürliche Auslese, es überleben nun mal nur die Stärksten, aber das will man nicht wissen, nicht hören, wenn man diese zarten Fellkinder im Arm hält oder ihnen beim Spielen und Entdecken ihrer Welt zuschaut. Man will, dass sie glücklich sind ein ganzes Hundeleben lang. Dafür wurden sie gerettet und wenn sie schon so einen scheiß Start ins Leben hatten, dann wollte man nun gemeinsam alles dran setzen, dass nun wenigstens alles gut wird.

Man will sie lieben und beschützen, so wie sie es verdient haben. Nach so einem misslungenen Start einfach auch erst recht. Und vielleicht trauert ja auch irgendwo in einem Hinterhof die Mama ihren Babys hinterher, dann mussten wir doch ihre Arbeit, so gut wir konnten, erledigen.

Da Maddy nicht wirklich mithalten konnte und immer wieder von den anderen über den Haufen gerannt wurde und bei jedem erwachsenen weiblichen Hund versuchte, anzudocken und sie als Mamaersatz zu sehen, haben wir uns entschlossen, sie bei Olindas Freundin zu lassen, damit sie mit mehr Zeit intensiver beobachtet werden konnte. Wir dachten, wir hätten einen Fehler gemacht, als wir sie später alle aneinander gekuschelt aneinander liegen sahen und haben lange darüber nachgedacht, ob es richtig war sie zu trennen und ihr auch nun noch ihre Geschwister zu nehmen.
Tja und da alle ja tüchtig verwurmt waren, bekamen sie nun ihr Wurmmittel. Ein ganz normaler Vorgang eigentlich, aber alle reagierten umgehend mit so massiven Durchfällen darauf und trotz sofortigem Eingreifen in der Tierklink mit Infusionen und Antibiotika konnte man ihnen nicht mehr helfen. Ja, Wurmmittel sind keine Bonbons, es ist ein Nervengift, wissen wir alles und wir wissen nicht, wie lange die Würmer in den kleinen Hundekörperchen schon ihr Unwesen getrieben haben und ob durch das Töten der vielen Würmer zu viele Toxine freigesetzt wurden oder ob die Entwurmung und anschließende Behandlung mit weiterer Chemie nicht zum Versagen der lebenswichtigen Organe geführt hat. Hatten sie überhaupt sowas wie Antikörper durch die Mutter und wenn ja, waren sie ausreichend?
So viele Fragen und so viele Antwortmöglichkeiten und wir werden es nie erfahren, was genau passiert ist. Nur dass es wohl das Traurigste überhaupt ist, wenn man nun Welpen beim Sterben begleiten muss. Olinda hat es getan und es hat sie viele Tränen und viel Kraft gekostet, wieder einmal, aber sie hat beide begleitet bis zum Schluss. Bijou starb in ihrem Bett und in ihren Armen.
Der Alltag eines aktiven Tierschützers - und glaubt mir, sowas geht schon sehr ans "Eingemachte", wenn man wieder einmal zu spät kam, sich wieder einmal fragt: Hab ich was falsch gemacht? Hätte ich es verhindern können? - Und am Ende nur wieder die Traurigkeit bleibt, sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass man nicht alles retten kann und nicht allen Lebewesen bestimmt ist, ein langes Leben zu haben.
Möglicherweise konnte Maddy gerade durch das Trennen gerettet werden. Sie hat auch heftig reagiert, war auch sehr matt und hatte Durchfall, aber nach wenigen Tagen war sie wieder soweit fit,dass sie gefressen und gespielt hat. Vielleicht einfach nur Zufall oder sie hat die Aufgabe, die Windmühlengruppe zu vertreten und sie war am Ende nicht die Schwächste, sondern die Stärkste oder hatte einfach weniger Würmer.
Leider alles nur Spekulation und es macht keinen der beiden wieder lebendig. Hoffen wir, dass Maddy stabil bleibt und das lebende Vermächtnis dieser Gruppe ist und wir sie als Hoffnungsträger in eine liebevolle Familie vermitteln können.
Wir machen wie immer weiter, mit ein paar kleinen Narben mehr auf unserem Tierschutzherz, aber wissend: die einzige Chance, Traurigkeit im Tierschutz zu überwinden, besteht wieder einmal darin, weiterzumachen mit dem Weitermachen und denen zu helfen, für die wir die Erlaubnis haben, sie glücklich machen zu dürfen.
Bijou und Veludo, wir danken Euch für diesen kleinen Sonnenstrahl, den Ihr in unser Herz geschickt habt, auf der kurzen Durchreise durch unsere Zeit. Noch erschließt sich keinem so wirklich die Botschaft, aber wir werden sie eines Tages verstehen, jeder für sich.
Der einzige Trost. der bleibt, ist, dass Ihr nicht alleine habt gehen müssen und für einen kurzen Augenblick sowas wie Liebe und Fürsorge habt erfahren dürfen. Und vielleicht war das auch schon die Botschaft, sich mal wieder bewusst zu machen, wie kostbar doch jeder einzelne Moment ist und keiner von uns weiß, wie viel Zeit ihm bleibt. Und so wünschen wir Euch, dass Ihr im allerbesten Zuhause von allen angekommen seid und vollkommen frei und unbeschwert auf irgendwelchen Himmelswiesen umhertobt und vielleicht ja auch Eure Mama wieder gefunden habt.

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